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Mount St. Helens National Volcanic Monument

Schon wieder ein Abschied − Mittwoch, 12. Oktober 2005. Nur ungern verlassen wir Seattle, haben wir hier doch viele tolle Sachen erlebt und mit Skip und Mark zwei neue Freunde gewonnen, die wir nun zurücklassen müssen. Da Skip früh zur Arbeit muss, haben wir uns von ihm bereits am Vorabend verabschiedet. Mark kommt am Morgen extra nochmals vorbei, um adé zu sagen. Zusammen fahren wir ein letztes Mal zum Kerry Park. Mark im Morris Minor und wir im LandRover. Die Aussicht vom Kerry Park ist auch am Tag atemberaubend und bildet einen idealen Hintergrund für ein paar letzte Erinnerungsfotos.

Beim Trader’s Joe kaufen wir ein paar Sachen, die wir als Dankeschön in Skip’s Wohnung zurücklassen. Trader’s Joe ist ein kleiner und sehr schön eingerichteter Laden, der eine willkommene Abwechslung zu WalMart, Safeway, FredMeyer und Kompanie bietet.

 

Herbstlich − Zuletzt verabschieden wir uns von Zola. Die Rotweilerdame ist trotz ihrer stattlichen Grösse eine liebenswerte Hündin. Bevor wir uns auf den Weg machen geben wir bei Chris den Schlüssel ab. Dank Skip’s von Hand gezeichneter Strassenkarte finden wir den Weg auf den Interstate problemlos und brausen schon bald auf der I5 Richtung Süden. Falls das Wetter mitspielt wollen wir dem Mt. Rainier Nationalpark einen Besuch abstatten. Aber der Himmel ist bedeckt und der Berg in Wolken gehüllt. Trotzdem verlassen wir in Tacoma den Interstate und fahren auf einer Nebenstrasse weiter. So können wir bei einer Wetterbesserung die Chance nutzen und in den Park fahren. Ansonsten führt die Strasse weiter zum Mount St. Helens National Volcanic Monument, einem anderen lohnenden Ziel. Auf dem Weg bewundern wir die wunderbaren Herbstfarben. An manchen Stellen ist die Strasse mit frisch gefallenem, buntem Laub bedeckt und sorgt für ein paar Farbtupfer am trüben Tag. Den Mt. Rainier müssen wir leider abschreiben aber Mt. St. Helens lassen wir uns nicht entgehen.

 

Gewaltig − Über die Ostzufahrt fahren wir zum Windy Ridge Aussichtspunkt. Auch nach 25 Jahren sind die Spuren des gewaltigen Vulkanausbruchs vom 18. Mai 1980 noch sichtbar. Die Explosion, die 27’000 mal stärker war als jene der Atombombe auf Hiroshima, hat die Nordseite des Berges praktisch ganz weggerissen und einen riesigen Krater hinterlassen. Bäume wurden wie Streichhölzer aus dem Boden gerissen. Gewaltige Lawinen aus Fels- und Eisbrocken, Steinen und Schlamm wälzten sich in horrendem Tempo (128 km/h) den Berg hinunter und füllten innert kurzer Zeit ganze Flusstäler und Seen. So stieg zum Beispiel im Spirit Lake der Wasserstand um gut 60 m. Über den Staaten von Washington, Idaho und Montana breitete sich eine Wolke aus Asche und Gas aus. Es war so dunkel, dass die Strassenlampen bereits um die Mittagszeit eingeschaltet werden mussten.

Nicht nur die Natur litt unter dem Ausbruch. In der Umgebung des Vulkans wurden auch Strassen und Häuser zerstört. Fahrzeuge und landwirtschaftliche Maschinen mussten ersetzt werden, da der Aschenregen die Motoren zerstörte. Unter den rund 60 Toten, die der Ausbruch forderte, befanden sich hauptsächlich Wissenschaftler und Journalisten.

Noch heute zeugen tausende von toten Bäumen entlang des Weges von der unglaublichen Naturgewalt. Nur langsam kämpfen sich kleine Bäume und Büsche zurück. Um den Wiederherstellungsprozess zu beschleunigen, wird von Menschenhand nachgeholfen indem man Samen sät, Bäume pflanzt und künstliche Bäche anlegt.

Der Berg regeneriert sich selbst. Im fast 2 Kilometer langen, 4 Kilometer breiten und 610 Meter tiefen Krater entsteht ein neuer Kegel. Pro Sekunde produziert der Vulkan mehrere Tonnen Lava und türmt diese an der Oberfläche auf. Vor ein paar Monaten wurde eine erhöhte Aktivität gemessen und es wurde sogar mit einem neuerlichen Ausbruch gerechnet.

Windy Ridge wird seinem Namen gerecht. Es weht ein kräftiger und kühler Wind und lässt uns nach ein paar Fotos wieder ins Auto hüpfen. Es wird sowieso bald dunkel und wir machen uns darum auf den Weg Richtung Portland. Weil Nanuq’s Lichter nicht sehr stark sind, ist das Fahren in der Nacht mühsam und unagenehm. Vor allem wenn es wie hier durch waldiges und kurviges Gebiet geht. Die Rollenaufteilung ist klar: Markus ist der Fahrer und Lulu die Späherin. In der Dunkelheit macht sie mehrmals ein paar Rehe aus und warnt Markus frühzeitig. Zum Glück rennt uns keines der Tiere direkt vors Auto. Die meisten verschwinden mit ein paar eleganten Sprüngen im Wald, andere bleiben stehen und beäugen uns skeptisch. Die Fahrt dauert länger als erwartet und als wir endlich in Vancouver (Washington) eintreffen, ist es bereits spät. John, ein entfernter Verwandter von Markus, scheint bereits zu schlafen. Das Haus ist dunkel. Wir wollen ihn nicht wecken und übernachten bei WalMart. Nach zwei Wochen in Gästebetten ist eine Übernachtung in Nanuq sowieso überfällig. Wir wollen schliesslich verhindern, dass wir verweichlichen... ;-)